Jedes Jahr im Pride-Month Juni versammeln sich weltweit Angehörige der LGBTQ+-Community, um gemeinsam ein Zeichen zu setzen. Es geht um geschlechtliche und sexuelle Vielfalt, Freiheit und Selbstbestimmung sowie die Sensibilisierung der Gesellschaft für die Bedürfnisse von Menschen, die sich diesem Personenkreis zugehörig fühlen. In diesem Jahr beteiligt sich die Stadt Nordhorn erstmals mit einem eigenen Programm am Pride Month.
Die Abteilung Jugendarbeit hat in Zusammenarbeit mit zahlreichen Partner*innen rund 20 Veranstaltungen geplant, die über den ganzen Monat verteilt stattfinden. Neben verschiedenen Aktiv-Workshops wie Tanz, Theater, Poetry Slam und Graffiti stehen auch Kreativ- und Bastelaktionen, Themen-Workshops für Fachkräfte, Jugendliche und junge Erwachsene, ein Konzert, ein Kinobesuch, eine Discoveranstaltung und eine große Abschlussveranstaltung auf dem Programm.
„Wir wollen diesen besonderen Monat gemeinsam mit allen feiern, die entweder selbst Teil der Community sind oder einfach offen sind für alternative Lebensformen und sich solidarisch zeigen wollen“, sagt Bürgermeister Thomas Berling. Auch die für Bildung, Ordnung und Soziales verantwortliche Stadträtin Birgit Beckermann freut sich über den städtischen Beitrag zum Pride Month: „Die Welt ist bunt und genauso bunt sind die Geschlechtsidentitäten und sexuellen Orientierungen. Queer sein ist nicht bloß eine Einstellung, es ist eine Lebensrealität, die Anerkennung verdient.“
Die Idee für das Projekt stammt von den Besucher*innen der Nordhorner Jugendeinrichtungen. An der Planung und Umsetzung sind neben Mitarbeiter*innen der Abteilung Jugendarbeit auch der Landkreis Grafschaft Bentheim, die LGBTQ+-Jugendgruppe „Queer Force“, das städtische Kulturreferat, die Gleichstellungsbeauftragte Anja Milewski sowie die Stadtbibliothek Nordhorn beteiligt. „Alle finden das Thema super und waren sofort mit an Bord. Mit vereinten Kräften ist es gelungen, in kurzer Zeit ein wirklich beeindruckendes Programm auf die Beine zu stellen, auf das sich sowohl die Jugendlichen als auch die Erwachsenen total freuen können“, sagen Dirk Weustink und Michael Hill vom Organisationsteam.
Aktiv-Workshops
Im Theater-Workshop haben Teilnehmer*innen die Möglichkeit, gemeinsam mit der Theaterpädagogin, Schauspielerin, Autorin und Regisseurin Sanne Kamst-Velthuis ein eigenes Stück zum Thema LGBTQ+ zu entwickeln. Die Teilnehmer*innen lernen die Grundlagen der Schauspielerei kennen – die Arbeit mit Gestik, Mimik und der eigenen Stimme. Das fertige Stück wird zum Abschluss des Workshops vor Publikum aufgeführt.
Für Tanzbegeisterte gibt es gleich zwei besondere Angebote: Im ersten Workshop vermittelt die erfahrene Tanztrainerin und angehende Erzieherin Denise Burghard interessierten Jugendlichen und jungen Erwachsenen Einblicke in die Stilrichtung „Krumping“. Dabei handelt es sich um einen sehr schnellen, expressiven, aggressiv-maskulin wirkenden Freestyle-Tanz.
Der zweite Tanzworkshop vermittelt den Teilnehmer*innen erste Kenntnisse im „Voguing“. Voguing bezeichnet einen Tanzstil, der in den 1970 Jahren in der Ballroom-Szene der marginalisierten homosexuellen Subkultur von New York Harlem entstand. Die Bezeichnung stammt entsprechend von der gleichnamigen Modezeitschrift Vogue. Der Tanz gilt als sehr expressiv und körperbetont. Dieser Workshop wird von Eray „Ray“ Gülay angeleitet. Ray ist seit 2014 Teil der Voguing-Szene und gründete 2020 das “Kiki House of Salem”, wo er als Leader tätig ist. Seither ist er in der Szene aktiv und gibt international Voguing-Workshops. Ray performte in Tanzstücken verschiedener renommierter Choreografen und arbeitet mit Firmen wie Acer, adidas und Schwarzkopf zusammen. Er tanzte und choreografierte für die deutsche Band Frida Gold und Matthew Wood und performte mit internationalen Acts wie Cakes Da Killa, TT The Artist und Barbara Tucker live auf der Bühne. Abgerundet wird der Workshop durch eine History-Lesson zur Ballroom-Szene, aus welcher die Stilrichtung des „Voguing“ bereits vor über 50 Jahren hervorgegangen ist.
Des Weiteren steht für Liebhaber*innen der Wortakrobatik und alle, die sich gerne mal selbst in der Kunst des Poetry Slams versuchen wollen, ein entsprechendes Angebot mit Marian Heuser auf dem Programm. Marian Heuser ist seit 2008 als Poetry Slammer, Moderator und freier Autor tätig und hat mit seinen Vorträgen bereits große Erfolge erzielt. Seit 2010 hat sich Heuser außerdem als Veranstalter und Moderator der Slam Reihe „World of WORDcraft“ sowie der NRW-Landesmeisterschaft im Poetry Slam 2018 einen Namen gemacht. Beim Poetry Slam gibt es weder inhaltliche noch formale Vorgaben. Neben der Auseinandersetzung mit modernen Formen von Literatur aus der eigenen Lebenswelt erlernen Jugendliche und junge Erwachsene während des dreitägigen Workshops das Gestalten von Texten sowie erste Schritte zu einer eigenen Performance. Die Teilnehmer*innen haben zum Ende des Workshops die Möglichkeit, ihre erarbeiteten Texte vor Publikum vorzutragen.
Für alle, die gerne kreativ mit Farben arbeiten, wird außerdem ein Graffiti-Workshop angeboten. Hier werden die Teilnehmer*innen gemeinsam mit dem Graffiti-Künstler Arne Mons einen Umzugswagen des Karnevals Clubs Nordhorn thematisch gestalten. Der fertige Wagen wird von Montag, den 20. Juni bis Freitag, den 24. Juni auf dem Büchereiplatz in Nordhorn ausgestellt. Wer gerade nicht mit der Gestaltung des Wagens beschäftigt ist, kann sein künstlerisches Geschick auf Leinwänden unter Beweis stellen. Die fertigen Leinwände können die Teilnehmer*innen am Ende der Veranstaltung mit nach Hause nehmen.
Das reichhaltige Angebot an Aktiv-Workshops wird abgerundet durch Näh- und Kreativ-Workshops, in denen die Besucher*innen eigene Turnbeutel und Flaggen in Regenbogenfarben gestalten oder ihrer Fantasie beim Designen individueller T-Shirts freien Lauf lassen können.
Themen-Workshops
Mindestens genauso viel Aktivität ist von den Teilnehmer*innen der verschiedenen Themen-Workshops gefordert. Die Formate richten sich zum einen an Fachkräfte der offenen Kinder- und Jugendarbeit, der Schulsozialarbeit sowie an Erzieher*innen. Zum anderen werden auch die Jugendlichen und jungen Erwachsenen selbst angesprochen.
Die Jugendbildungsreferentin Rebecca Herzberg vom Queeren Jugendnetzwerk Lambda Niedersachsen-Bremen e.V. behandelt im Fachkräfteworkshop die Lebenswelt queerer Jugendlicher. Vertreter*innen des Projekts „Trans*Akzeptanz“ vermitteln grundlegendes Wissen für eine gelingende Arbeit mit Trans*Kindern und Jugendlichen im ländlichen Raum. Ein Dozent*innenteam um die Erziehungswissenschaftlerin Emine Ibrahimi behandelt mit den Teilnehmer*innen das Thema „Geschlechtliche Vielfalt“ und die damit verbundenen Auswirkungen auf die eigene berufliche Praxis.
Für Jugendliche und junge Erwachsene stehen ebenfalls interessante Workshops auf dem Programm. Jessica Lorbach, Vorstand von Lambda Niedersachsen-Bremen, lädt zur „Selbstreflexion der eigenen Identität“ ein. Das Team um Emine Ibrahimi möchte den Teilnehmer*innen des Workshops „Sexualität: Mehr als nur Fortpflanzung“ zu einem offeneren Umgang mit der eigenen Sexualität verhelfen.
Foto-Ausstellung
In der Stadtbibliothek Nordhorn ist den ganzen Juni lang die Foto-Ausstellung „Liebe für alle“ zu sehen. Die Ausstellung des Hochzeitsfotografen Sven Hüsemann behandelt alternative Formen des Zusammenseins. Die Bilder vieler verschiedener Hochzeitspaare gestatten eindrucksvolle und überaus ästhetische Einblicke in den schönsten Tag ihres Lebens. Die Ausstellung veranschaulicht, dass es nicht darauf ankommt, zu welchem Geschlecht man sich hingezogen fühlt.
Aufführungen und Abschluss
Während des Pride-Month gibt es an jedem Samstag im Juni „Open-House Veranstaltungen“ im Jugendzentrum an der Denekamper Straße, die frei zugänglich und kostenlos sind.
Los geht es am Samstag, den 11. Juni um 16:00 Uhr mit der Vorführung des Theaterstücks der Workshop-Gruppe. Gegen 16:30 Uhr erhalten die Besucher*innen erste Eindrücke aus den Tanzworkshops. Ein besonderes Highlight dieses Tages ist das Unplugged-Konzert von NiMa Lindner um 17:30 Uhr. Sie ist selbst Teil der queeren Community. Mit ihren Texten verarbeitet sie persönliche Erlebnisse und richtet die Inhalte von Songs wie "Fight for" oder "Follow your dreams" an die LGBTQ+-Community. Mit ihrer authentischen und positiven Art steht sie für Empowerment und Emanzipation. Nach dem Konzert steht sie den Besucher*innen für persönliche Gespräche zur Verfügung. Von ca. 19:00 bis 22:00 Uhr wird es eine Discoveranstaltung geben.
Am Samstag, den 18. Juni ist das Jugendzentrum ab 18:30 Uhr für Besucher*innen geöffnet. Um 19:00 Uhr steht die Präsentation der Ergebnisse des Poetry Slam Workshops auf dem Programm. Die Moderation übernimmt der Workshopleiter Marian Heuser. Ab 20:15 Uhr findet eine sogenannte „FuckUp-Night“ rund um queere Themen statt. Bei diesem Format geht es darum, vom persönlichen Scheitern zu berichten. Angehörige der Community erzählen hier von beispielhaften, kritischen Situationen in ihrem Leben. Diese Offenheit ermöglicht es den Betrachter*innen, einen anderen Umgang mit der eigenen Problematik zu finden.
Die Abschlussveranstaltung findet am Samstag, den 25. Juni ab 13:00 Uhr auf dem Außengelände des Jugendzentrums statt. Neben kurzen Redebeiträgen der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Nordhorn Anja Milewski und Vertreter*innen der LGBTQ+ - Gruppe „Queer Force“ steht hier die Gemeinschaft im Vordergrund. Die Besucher*innen sind dazu eingeladen, die LGBTQ+ - Community zu feiern. Verantwortlich für die musikalische Begleitung ist DJ Svenja Ballerina.
Nähere Informationen zum Pride-Month-Programm und zur Anmeldung für die Workshops gibt es auf der Internetseite www.nordhorn.de/pridemonth sowie auf der Facebookseite des Jugendzentrums Nordhorn.